Karin Weimann - Sisyphos’ Erbe.

Von der Möglichkeit schulischen Gedenkens.



Karin Weimann - Sisyphos’ Erbe. Von der Möglichkeit schulischen Gedenkens, HG Nea Weissberg

Das Buch „Sisyphos’ Erbe. Von der Möglichkeit schulischen Gedenkens“ setzt sich, ausgehend von jahrelangen Erfahrungen der Autorin, mit Möglichkeiten und Verhinderungen schulischen Gedenkens auseinander. Es beschreibt weit verbreitete Erscheinungsformen von (Ver)Weigerungen in bezug auf Erinnerungsbereitschaft und Verantwortungs-übernahme sowohl in Schulen, Familien- und Freundschaftsbeziehungen als auch in anderen gesellschaftlichen Bereichen der deutschen Mehrheitsgesellschaft diesseits einer ritualisierten offiziellen Gedenkkultur, wissenschaftlicher Forschungen/Tagungen/Veröffentlichungen und des Engagements bürgerschaftlich Engagierter.
Es verweist auf vielfältige „blinde Flecke“ in der Wahrnehmung und Bewertung der deutschen Verbrechen und auf die an die Nachkommen weitergereichte Mit-Gift durch intellektuelle und politische sog. Eliten in Gestalt der verwendeten Sprache, autobiographischer Verharmlosungen und Beschweigen eigener Beteiligungen in Wort und Tat in den Jahren zwischen 1933 bis 1945 und in der Zeit nach der Befreiung: „Vergangenheitsbewältigung“.
Die Reflexionen der Autorin beruhen auf der schulischen Gedenkarbeit an der Ruth-Cohn-Schule in Berlin-Charlottenburg, in der seit sechzehn Jahren durch ein ungewöhnlich intensives Engagement des Kollegiums der Gedenktag 27. Januar, Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, mit einem besonderen Programm, das sich vielen Opfergruppen zuwendet und in dessen Mittelpunkt die Lebens- und Leidenserzählungen der Überlebenden stehen, gestaltet wird.
Diese engagierte pädagogisch-politische Arbeit wird im ersten Teil des Buches ausführlich dokumentiert.
Der Dokumentation folgen sechs Essays, die die bislang noch immer, insbesondere im individuell-privaten Raum, verweigerte Auseinandersetzung der deutschen Mehrheitsgesellschaft mit den Verbrechen ihrer Vorfahren darstellen und einer kritischen Prüfung unterziehen. Widerstände und Konflikte zwischen Lehrenden und Lernenden und zwischen Lehrenden werden thematisiert und Angebote für deren Minderung gegeben.
Die Autorin fordert nachdrücklich die Akzeptanz der Erkenntnis: Es ist nicht vorbei! Nicht für die Überlebenden. Nicht für ihre Kinder- und Kindeskinder. Nicht für uns, auf die das barbarische Erbe gekommen ist. Das Buch richtet sich an die deutsche Mehrheitsgesellschaft, insbesondere an Lehrerinnen/Lehrer, die wie keine andere Berufsgruppe die Chance haben, sich des schweren Themas in unterschiedlichen Jahrgangsklassen verschiedener Schultypen auf geeignete Weise anzunehmen - entgegen der an Schulen verbreiteten Haltung „Ich kann das nicht mehr hören“. Und: Ich lasse mir keine Schulgefühle machen“.
Die Autorin Karin Weimann ist Soziologin und hat über mehr als drei Jahrzehnte in den Fächern Soziologie, Psychologie, Pädagogik, Gesellschaft und Politik Studierende in der Ausbildung zur Erzieherin, zum Erzieher unterrichtet.

8. März 2013



Karin Weimann - Sisyphos’ Erbe.
Von der Möglichkeit schulischen Gedenkens.
Lichtig-Verlag, Berlin 2013
ISBN 978-3-929905-28-1
Preis: EUR 21,50 / 624 Seiten
vergriffen

Diese Seite drucken